Entschleunigung

Ich erlebe merkwürdige und überraschend ruhige Momente, wenn ich im Krankenhaus im Lehnstuhl zurückgelehnt sitze, den (allerdings gerade nicht schreienden) Ralph auf mich lege und vor mich hindöse.
Ein nie gekannter Zustand der Ruhe und Zufriedenheit kehrt dann ein, fast wie wenn man alleine auf einem windstillen Berggipfel sitzt. Es verschwindet das Zeitgefühl, man nimmt intensiv die eigene Atmung und die des Kleinen war, seinen Geruch und die kleinen Bewegungen im Schlaf. Harmonie pur. Daneben schläft im Spitalsbett die auch noch müde Frau Mama und schaut nach hektischen Wochen recht gelöst drein.

Ein Idyll.

Am Wochenende wird sich das aber schnell ändern, wenn die beiden aus dem Klinikum nach Hause kommen. Dann kommt Freude auf und Leben in die Bude. Und ich werde geschimpft bekommen, weil ich die Hälfte der aufgetragenen Erledigungen nicht schaffen konnte oder wohl eher gar nicht betreiben wollte. Und an allen anderen möglichen Unbill werde ich dann auch schuld sein. Stillende Frauen seien nicht still, sagt man.
"Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr", sagt man auch. Wird schon stimmen.
sandhexe - 11. Jul, 13:38

Kennst du die CD "Mein Apfeläumchen" von Reihard Mey?
Ich würde sie Dir empfehlen. Es sind wunderschöne Lieder aus Sicht des Vaters gerade zur Geburt eines Kindes passend. In einem Song heisst es z. B. "ein Zuhaus wird doch erst ein Zuhause wenn eine Wiege darin steht" und weiter "keine ruhige Minute ist seitdem nun für mich drin und das geht so wie ich vermute, bis ich hundert Jahre bin"
Ein Text steht hier abgedruckt:
http://www.leo.ellenberger.name/Apfelbaumchen.htm

tschapperl - 12. Jul, 18:27

Habe deine Zeilen gelesen und mir das auf Amazon angeschaut und gleich bestellt . Danke für den Tipp. Wird uns gefallen. Ich wollte dort eh heute noch ein Buch bestellen, so geht es in einem. Bin derzeit einfach guter Laune und im leichten Kaufrausch. Vor zwei Tagen etwa habe ich mir nur eine Videokamera besorgen wollen und einen neuen Fernseher gleich spontan mitgekauft (der Alte war aber schon etwas betagt)
Iggy - 11. Jul, 18:16

das hört sich sehr friedlich an. und warum sollte es nicht so weitergehen? du musst ja nicht alles der mutter überlassen.
wechsle ihm die windeln, mach einen teil der "schweinearbeit" , dann wird die aufgabenteilung, die ja sooo festgefräßt ist,
ein wenig lockerer werden.

tschapperl - 12. Jul, 17:52

Ich KANN schon wickeln! Gestern gelernt.
walhalladada - 13. Jul, 12:53

aus meinem nähkästchen...

der vortrag dadaistischer lautgedichte wirkt beim wickelvorgang erfahrungsgemäß auf beide seiten beruhigend...
für den anfang empfehle ich 'karawane' von Hugo Ball:
'jolifanto bambla o falli bambla'
usw. :)

tschapperl - 14. Jul, 06:59

Welch Wohlklang!

Das Erlernen einer einigermaßen strukturierten Nonsense-Sprache sollte für alle Anverwandten und sonstigen Bewunderer der Brut fast verpflichtend sein. Sie fallen ohnehin in ein nie gehörtes Nonsense-Gebrabbel, das den Ohren des Zuhörenden eher schon Schmerzen bereitet als Erstaunen darüber aufkommen läßt, zu welchen Lautäußerungen Erwachsene fähig sind.
Es ließe Fragen an den Kleinen wie "Jo, wo issa denn?" von vorneherein vermeiden. Weil wo wird er schon sein!!

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